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Entstehung
Craniosacrale Therapie

Die Osteopathie wurde „entdeckt“ durch Dr. Andrew Taylor Still und zählt heute zur Komplementärmedizin. Er lebte von 1828 bis 1917 in den USA. Sein Vater war Priester und Arzt, auch er erarbeitete sich die Zulassung zum Landarzt. Wie auch sein Vater widmete er sich der Humoralpathologie; der Lehre der Körpersäfte und wie deren Gleich- und Ungleichgewichte entscheidend für Gesundheit sind. (Vielleicht sagt Ihnen der Name Rudolf Wirchow etwas, der als deutscher Zellularpathologe diese Lehren im 19. Jahrhundert wissenschaftlich überholt hatte.)

Als er nach dem amerikanischen Bürgerkrieg 1865 zurückgekehrt war, starben drei seiner Kinder an einer Meningitis, der Entzündung der Hirnhäute, und kurz darauf ein Adoptivkind an einer Lungenentzündung, obwohl er mehrere reguläre Ärzte und Geistliche zu Rate gezogen hatte. Daraufhin wandte er sich von der etablierten Medizin und sämtlichen religiösen Institutionen ab.

Dr. Still setzte sich intensiv mit dem Thema Gesundheit auseinander und war nicht nur an medizinischen, sondern an allen Fragen des Lebens interessiert. Er widmete er sich in seiner Entwicklung der Osteopathie auch ausgedehnten Studien unterschiedlichster Geistesströmungen seiner Zeit, ebenso neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen von der Ostküste Amerikas und aus Europa.

Aus diesen langjährigen autodidaktischen und interdisziplinären Studien und Forschungen ist der Name für einen neuen Wissenschaftszweig entstanden. Die Wissenschaft der Osteopathie umfasst das Wissen der Philosophie, Anatomie und Physiologie des gesamten Körpers und die klinische Anwendung dieses Wissens sowohl bei der Diagnose als auch bei der Behandlung. Dr. Still hat sie als solche konzipiert.

Die Osteopathie im Bereich des Schädels ist ein Teil dieses Konzepts der ganzheitlichen Sorge für die Gesundheit des gesamten Körpers. Dr. Still führte die Wissenschaft der Osteopathie 1874 nach langjähriger intensiver Forschung ein. Im Alter von 64 Jahren liess er sich von ehemaligen Patienten und befreundeten Ärzten dazu überreden, die erste Schule der Osteopathie zu gründen; 1892 in Kirksville, Missouri. Dort verbrachte er den Rest seines Lebens bis er 1917 verstarb.

William Garner Sutherland war Schüler an dieser ersten Schule, der American School of Osteopathy. An einem Tag im Jahr 1899, seinem letzten Studienjahr, betrachtete er einen auf einem Sockel aufgestellten, präparierten Schädel. Die kompliziert abgeschrägten Kanten, die an den grossen Schädelknochen zu sehen waren, erreichten seine Aufmerksamkeit. Wie ein Blitz der Erkenntnis kam ihm der Gedanke, dass diese abgeschrägt wie die Kiemen eines Fisches sind. Dies weist auf einen mobilen, einer Atembewegung dienenden Gelenkmechanismus hin.

Die nächsten 30 Jahre verbrachte er damit, die genauen anatomischen und physiologischen Beziehungen des craniosacralen Mechanismus, so wie er ihn sah, zu untersuchen. Seine Sicht der Dinge war wiederum ein Teil der gesamten Wissenschaft der Osteopathie, so wie sie von Dr. A. T. Still gesehen wurde. Er war der Begründer der Craniosacralen Osteopathie.

Er stellt in seinen Schriften fest: „Alle Teile des gesamten Körpers gehorchen dem einen ewigen Gesetz von Leben und Bewegung.“ So schließt das craniosacrale Konzept folgende Prinzipien ein:

  • der Fließrhythmus der Hirn- bzw. Rückenmarksflüssigkeit, ähnlich den Gezeiten
  • die wechselseitige Funktion der Bindegewebsstrukturen der Hirnhäute (umgeben das Gehirn, Cranium, und erweitern sich in der Umschließung des Rückenmarks bis zum Steißbein; Sacrum
  • die Bewegungsfähigkeit der Gewebe und Organe in der Entwicklung des Gehirns; Craniums, des Rückenmarks und des zentralen Nervensystems
  • die gelenkvermittelnde Mobilität der Schädelknochen
  • die unwillkürliche Mobilität des Steißbeins; Sacrums, zwischen den Hüftknochen

(Ein weiterer Schüler von A. T. Still hat die uns bekannte Chiropraktik gegründet; David Daniel Palmer, in Toronto, ungefähr 1895.)

Lit. Nachweis: Das grosse Sutherland-Kompendium, Geschichte der Osteopathie, William Garner Sutherland, 2008, D-Pähl

Biographie von Dr. A. T. Still, Wikipedia

 

Osteopathie heute

Seit 1960 gilt die Osteopathie in den USA als allgemein anerkannt, das Studium der Osteopathie ist eine volle akademische Ausbildung. Derzeit gibt es in den USA mehr als 20 osteopathische Universitäten mit staatlich anerkanntem Abschluss. Heute praktizieren etwa 54.000 Osteopathen in den USA ihren eigenständigen Beruf. Sie führen den Titel D.O., Doctor of Osteopathy, und sind Ärzten (Medical Doctors, MD) gleichgestellt.

1917 gründete John Martin Littlejohn in England die erste europäische Osteopathieschule. Praktiziert wird die Osteopathie heutzutage in nahezu allen europäischen Ländern und weltweit.

Die gesamte weltweite Osteopathie unterliegt der Organisation von Dachverbänden, die Regelungen sind jedoch von Land zu Land unterschiedlich gehandhabt. Ebenso in der Craniosacraltherapie:

Craniosacraltherapie heute

Die heutige Ausprägung erhielt die Cranio-Sacrale Therapie im Wesentlichen durch den Osteopathen John E. Upledger. Er schrieb 1983 das Buch „Craniosacral Therapy“, zu deutsch: „Lehrbuch der CranioSacralen Therapie“. Upledger berichtet in diesem Buch, dass er während einer Operation die rhythmische Bewegung der Duralmembran mit einer Frequenz von ungefähr achtmal in der Minute entdeckte und erklärte diese Entdeckung mit den Grundlagen der craniosacralen Osteopathie, die er mit dem craniosacralen System weiterentwickelte. Basis seiner Behandlungstechnik wurde die Palpation, der Untersuchung durch Abtasten. Die Handgriffe werden vorwiegend im Bereich von Schädel, Nacken, Zungenbein, Thorax, Wirbelsäule, Kreuzbein, Zwerchfell, Becken und Füssen ausgeführt.

Die Craniosacrale Therapie ist als solche nicht wissenschaftlich nachgewiesen, auch wenn sie sich aus der wissenschaftlich erforschten und anerkannten Osteopathie als wichtiges Teilgebiet entwickelt hat.


Was erwartet Sie bei einer Behandlung

Die Craniosacrale Therapie ist eine sehr sanfte körperorientierte, manuelle Behandlungsform und basiert auf der Arbeit mit dem craniosacralen Rhythmus, der sich im feinen Pulsieren der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit zeigt.

Bei einer Cranio-Sacral-Therapiesitzung liegen die Klienten bekleidet in Rückenlage auf einer Behandlungsliege. Sie dauert im Schnitt etwa eine Stunde. Es gibt zwei Behandlungsmethoden; sogenannte Palpationen. Bei der ursprünglich entwickelten arbeitet der Therapeut mit seinen Handflächen oder Fingern vorwiegend mit minimalen Zug- oder Druckkräften. Dabei wird entweder in die als physiologisch sinnvoll empfundene Richtung vorgegangen, oder der erfühlten Gewebespannung nachgegangen, um sie zu reduzieren. Ein wesentlicher Aspekt liegt dabei auf dem Ertasten und Verändern des craniosacralen Rhythmus.

Die zweite Methode geschieht ebenso durch gezielte Handgriffe, bei denen in Handfläche und Finger durch sanftes Wahrnehmen die Fließqualitäten der Rückenmarksflüssigkeit am ganzen Körper erspürt werden. Diese verändern sich während der Berührung durch dieses „Horchen der Hände“ und beeinflussen so die  Bindegewebestrukturen;  diese Faszien sind über den ganzen Körper miteinander verbunden. Sie gelangen bis in die tiefsten und feinsten Ebenen, sowohl körperlich als auch seelisch; ein Ausgleich entsteht. Selbstheilung kann entstehen. 

Die Behandlung kann in Stille geschehen oder die Wahrnehmungen können ausgetauscht werden, Einleitung und Ablauf können nach Wunsch angesagt werden oder in einem abrundenden Austausch geschehen.

Lit: Schweizer Dachverband der Osteopathie VAOS, Deutscher Dachverband der Craniosacralen Therapie CSVD